Die Rosenkriege sind sicher eine geschichtliche Epoche, von der viele Fans der englischen Geschichte schon einmal gehört haben. Gerade, wenn man sich für die Tudors interessiert, kommt man irgendwann bei der Information an, dass die Tudordynastie nicht gerade auf gewöhnlichem Wege auf den Thron gelangt, sondern als Sieger aus den Wirren der Rosenkriege hervorgegangen ist.
Hat man aber nun keine Lust, seitenlange geschichtliche Abhandlungen zu lesen und tut sich schwer damit, durch diesen jahrzehntelangen Familienzwist durchzublicken, ist guter Rat teuer. Also will ich Abhilfe schaffen und mich bemühen, einen möglichst verständlichen Einblick in die Rosenkriege und ihre Ursachen geben.
Vielleicht kann ich dabei sogar helfen, den Fakt zu überwinden, dass irgendwie wirklich jede(r) Edward, Richard, Henry, Margaret oder Elizabeth hieß 😀
Den Beginn machen sieben Dinge, die Du über die Rosenkriege wissen solltest, um sie zu verstehen, und einige, die oft fehlinterpretiert werden.
1.) Der Auslöser der Rosenkriege lag bereits im 14. Jahrhundert
In den Rosenkriegen (1455-1487) stritten die Häuser York und Lancaster um den englischen Thron. Hier kämpften Verwandte gegeneinander, denn beide Häuser gehen auf die Söhne Edwards III. aus dem Hause Plantagenet zurück, der von 1327 bis 1377 als König über England herrschte.
Das Haus York stammt ursprünglich von Edmund of Langley, dem fünften Sohn Edwards III. ab. Den Namen York verdankten sie dem Umstand, dass 1385 für Edmund der Titel Herzog von York geschaffen wurde. Sein Sohn Richard heiratete Anne Mortimer, eine Nachfahrin von Lionel of Antwerp, dem zweiten Sohn Edwards III. Auf diese Verbindung begründete das Haus York seinen vorrangigen Thronanspruch, da das Haus Lancaster von Edwards drittem Sohn, John of Gaunt, abstammte. John of Gaunt wiederum erbte 1362 den Titel Duke of Lancaster von seinem Schwiegervater und gründete so das Haus Lancaster.
Dieser komplizierte Stammbaum sorgte dafür, dass beide Fraktionen ein Anrecht auf den Thron hatten. Bereits im Jahrhundert vor den Rosenkriegen hatte es einen Staatsstreich gegeben: 1399 hatte Heinrich IV., Sohn von John of Gaunt, seinen Cousin Richard II. vom Thron gestoßen. Richard II. war der Sohn des ältesten Sohns Edwards III. (Edward of Woodstock, genannt “Der schwarze Prinz”).
Auf diese Tat berief sich Jahrzehnte später das Haus York, um zu zeigen, dass eigentlich sie über England herrschen sollten. Denn sie stammten vom dem älteren Sohn Edwards III. ab und hätten daher Vorrecht auf den Thron gemäß den Regeln der Primogenitur, also der Erstgeborenen-Nachfolgeordnung.
2.) Mit Rosen hatten die Rosenkriege nichts zu tun
Die Rosenkriege haben ihren Namen von der Farbe der Rosen – rot für Lancaster und weiß für York-, die jedes Haus angeblich als Emblem verwendete. Diese Legende entstand jedoch erst, nachdem William Shakespeare und andere darüber schrieben – Jahrzehnte später.
In Wahrheit benutzte keine Seite ausschließlich ein Rosensymbol. Die weiße Rose war nur eines von vielen Abzeichen, die von den Yorks verwendet wurden, und die rote Rose von Lancaster wurde wahrscheinlich erst in den 1480er Jahren erstmals verwendet, als der Konflikt fast vorüber war. Die Forschung ist sich uneins, welche Rolle die rote Rose ab wann genau spielte.
Der Name “Rosenkriege” wurde sogar erst im 19. Jahrhundert geprägt.
Das Haus York führte oft eine Sonne als Symbol, während Richard III. in der späteren Phase der Rosenkriege einen weißen Eber im Wappen führte.
3.) Die Rosenkriege waren kein dauerhafter Krieg
Die Kriege waren kein durchgehender Konflikt, sondern vielmehr eine Reihe von kurzen Kampagnen oder Minikriegen. Es gab Jahre, sogar Jahrzehnte, in denen Frieden herrschte. Einen dauerhaften Kriegszustand mit anhaltender Gewalt gab es lediglich in den Jahren 1455 bis 1464, 1469 bis 1471 und 1483 bis 1487.
Dabei wechselte der Thron mehrfach zwischen York und Lancaster hin und her. Richard, Herzog von York, hätte 1460 den Lancaster-König Heinrich VI. beinahe abgesetzt, nur um einige Monate später in der Schlacht von Wakefield getötet zu werden. Yorks Sohn Edward IV. unterdessen schlug 1461 die Lancaster-Armee in der Schlacht von Towton und beanspruchte den Thron, bevor er 1470 kurzzeitig abgesetzt wurde. Er gewann sein Königtum bereits im darauffolgenden Jahr bei der Schlacht von Tewkesbury zurück und regierte mehrere Jahre lang in relativem Frieden.
Sein plötzlicher Tod im Jahr 1483 ließ die Machtkämpfe wiederaufflammen. Seine Söhne und Erben (die sogenannten “Prinzen im Tower”) verschwanden auf ungeklärte Weise, und Richard III. aus dem Hause York und Henry Tudor aus dem Hause Lancaster stritten um den Thron. Insgesamt brachten die Kriege in einer Zeitspanne von nur 25 Jahren fünf verschiedene Herrscher hervor, von denen drei (im Fall von Edward V. zumindest sehr wahrscheinlich) mit dem Leben bezahlten.
4.) Die blutigste Schlacht Englands brachte Edward IV. auf den Thron
Obwohl sich die Rosenkriege mehr als 30 Jahre hinzogen, gab es alles in allem nur wenige Monate, in denen tatsächlich gekämpft wurde. Weniger als 20 bedeutende Schlachten fanden in dieser Zeit statt. Die schrecklichste davon ereignete sich im März 1461, als die Yorker Streitkräfte Edwards IV. in der Nähe des Dorfes Towton auf die Armee der Lancasters trafen. An der Schlacht, die inmitten eines Schneesturms geschlagen wurde, waren möglicherweise bis zu 80.000 Männer beteiligt. Die Kämpfe dauerten ganze zehn Stunden. Zeitgenössische Chronisten behaupteten, ein nahe gelegener Fluss sei rot vor Blut geworden. Schließlich ging das Haus York als Sieger und Edward als König aus der Schlacht hervor.
Auch wenn die Schätzungen der Verluste in der Schlacht von Towton schwanken, hat sie möglicherweise bis zu 40.000 Menschenleben gefordert – mehr als in jeder anderen Schlacht, die jemals in Großbritannien stattgefunden hat.
Um diese Zahl in eine Relation zu setzen: Ganz England hatte um 1450 1,9 Mio. Einwohner.
5.) Richard III. war nicht der Bösewicht
Die uralte Geschichte über den Ruf Richards III. sorgt dafür, dass er häufig für den Antagonisten der gesamten Rosenkriege gehalten wird – was natürlich Unsinn ist.
Zum einen wird hier die zeitliche Dimension vollkommen überschätzt. Denn die Rosenkriege dauerten über 30 Jahre, und bei ihrem Ausbruch war der spätere Richard III. gerade einmal drei Jahre alt. Als er erwachsen war, kämpfte er an der Seite seines älteren Bruders Edward IV. und verdiente sich einen Ruf als Soldat und Feldherr. Erst nach Edwards Tod trat Richard ins Scheinwerferlicht der Geschichte.
Zum anderen, worüber ich hier auch bereits geschrieben habe, ist Richard III. wahrscheinlich ein Opfer des Umstandes, dass Geschichte von den Siegern geschrieben wird. In seinem Fall von den Tudors und denen, die sich mit ihnen gutstellen wollten. So wurde aus dem, sicher zu einem gewissen Maß skrupellosen und ehrgeizigem, Richard ein tyrannischer, entstellter, mordender Usurpator. Und so wurde es legitim, ihn vom Thron gestoßen zu haben.
6.) Der Anspruch Henry Tudors auf den Thron war dürftig
Henry, der spätere Heinrich VII., kam grundlegend durch Politik und siegreiche Kriegsführung auf den Thron, nicht, weil er den größten Anspruch hatte.
Als Margaret Beaufort, Mutter Heinrichs VII., neun Jahre alt war, entschied König Heinrich VI., sie solle seinen Halbbruder Edmund Tudor heiraten. Heinrich VI. war vom Wahnsinn geplagt und hatte nur einen einzigen Sohn. Die Ehe sollte also das Haus Lancaster stärken und vielleicht sogar einen Thronerben hervorbringen. Die Zeiten waren schwierig, und der König ignorierte hierbei, dass weder die Beauforts noch die Tudors in den Augen vieler in die königliche Thronfolge gehörten. Die Beauforts stammten von einem unehelichen Sohn John of Gaunts ab, der erst legitimiert wurde, als seine Eltern doch schließlich heirateten. Allerdings verfügte Heinrich IV. zu seiner Zeit, dass die Beaufort-Linie zwar legitim, aber ohne Anspruch auf den Thron sei.
Edmund Tudor wiederum war der Sohn des Höflings Owen Tudor, der nach dem Tod Heinrich V. dessen Witwe Katharina von Valois heiratete. Ob die Ehe bei Edmunds Geburt schon geschlossen war, ist ungeklärt.
Thronfolge, wie oft genug vor und auch nach Henry, ist nun einmal keine eindeutige Angelegenheit.
7.) Auch mit der Thronbesteigung Heinrichs VII. endeten die Kriege noch nicht
Die “Hauptphase” der Kriege mag 1485 bei der Schlacht von Bosworth geendet haben, als Heinrich Richard III. schlug. Doch einmal noch musste Heinrich danach gegen das Haus York ins Feld ziehen.
Heinrich hatte Elizabeth of York, älteste Tochter von Edward IV., geheiratet und so die verfeindeten Häuser geeint, doch nicht alle waren damit einverstanden. Der verbleibende, männliche Thronanwärter aus dem Haus York war Edward, Earl of Warwick, Neffe Edwards IV. Wohlweislich hatte Heinrich den kleinen Edward, gerade einmal 10 Jahre alt, nach seiner Thronbesteigung im Tower eingesperrt.
Doch 1487 tauchte ein Junge auf, von dem behauptet wurde, er sei der Earl of Warwick und somit der rechtmäßige König von England. Anhänger des Hauses York unterstützten ihn, und er wurde in Irland sogar zu König Edward VI. gekrönt. Sein mächtigster Unterstützer war John de la Pole, Earl of Lincoln, ebenfalls ein Neffe Edwards IV. Dieser hatte sich zuerst mit Heinrich VII. ausgesöhnt, sah nun aber wohl eine Gelegenheit, das Blatt zu wenden. Mit finanzieller und militärischer Unterstützung von Margarete von Burgund, seiner Tante, marschierte er gegen Heinrich und traf bei Stoke Field auf ihn.
Die Niederlage des Hauses York war verheerend, und fast alle Anführer der Yorks inkl. John de la Pole fielen. Doch den jungen Lambert Simnel, der als Earl of Warwick ausgegeben wurde, begnadigte Heinrich. Er bekam sogar eine Anstellung als Küchenjunge.
Somit endeten die kriegerischen Bemühungen des Hauses York, den Thron zurück zu erobern. Doch vollkommen sicher hat Heinrich VII. sich und seine junge Dynastie wohl nie gefühlt.
Quellen:
https://www.military-history.org/articles/5-myths-about-the-wars-of-the-roses.htm
https://www.history.com/news/9-things-you-should-know-about-the-wars-of-the-roses