“The White Queen”, eine englisch-amerikanische Co-Produktion aus dem Jahr 2013 basiert auf einer Romanreihe von Phillipa Gregory. Sie erzählt die chaotische Epoche der Rosenkriege in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts aus der Sicht dreier ehrgeiziger Frauen: Elizabeth Woodville, die aus niederadeligen Verhältnissen stammende Königin Edwards IV., Margaret Beaufort, Mutter des späteren Tudorkönigs Heinrich VII., und Anne Neville, Tochter des Grafen von Warwick, des sogenannten Königsmachers, und Ehefrau von Richard III.

“The White Queen”, obwohl wie immer bei solchen Produktionen eine Liebesgeschichte im Mittelpunkt stehen musste (und sogar noch mit einer Familie von Hexen angereichert wurde… zum Glück nicht allzu plakativ), hat mir gut gefallen und dafür gesorgt, dass ich endlich durch die Wirren der Rosenkriege durchgeblickt habe – zumindest hat es zur weiteren Recherche animiert. Doch wie historisch korrekt ist “The White Queen” wirklich?

The White Queen - Season 1 [4 DVDs]

  • Im 15. Jahrhundert stand man sehr auf schicke, teure Stoffe, gerade bei Hofe. Eine Königin hätte keine schlichten Baumwollkleider getragen.
  • Bis ins 16. Jahrhundert hinein war es absolut unüblich, dass Frauen ihr Haar unbedeckt trugen. Die französischen Hauben, die Anne Boleyn Jahrzehnte später nach England brachte, waren daher so aufsehenerregend, weil sie den vorderen Teil des Haars unbedeckt ließen. Zur Zeit von “The White Queen” trugen Frauen eine Kopfbedeckung namens Hennin, zu denen u.a. auch diese Burgfräulein-Verkehrshütchen gehören, die heutzutage stereotyp zu jedem billigen Mittelalter-Faschingskostüm gehören. In der Serie tragen meist nur die älteren Frauen Hennins.
  • Eine mittelalterliche Mode, bei der ich eigentlich ganz froh bin, dass die Serie sie ignoriert hat: Zu jener Zeit zupften die Frauen sich den Haaransatz, um eine möglichst hohe Stirn zu haben.
  • Zahlreiche Kostüme der Serie passen leider gar nicht ins mittelalterliche Bild, denn weder Reißverschlüsse noch Gummisohlen oder Kord waren damals erfunden. Auch gab es weder Beton-Treppenstufen noch Wäscheklammern oder Maniküre und Nagellack.
  • Es wäre undenkbar gewesen, dass der König zu jener Zeit einfach allein mit einer fast wildfremden Frau (deren Familie zudem bislang seine Feinde unterstützt hatten) in deren Haus geht.Elizabeth Woodville
  • Als Elizabeth Woodville Edward IV. heiratete, war dessen jüngerer Bruder Richard keineswegs ein junger Mann, wie in der Serie dargestellt, sondern gerade einmal 12 Jahre alt.
  • Auch Margaret Beaufort kommt eigentlich die ganze Serie über, und gerade zu Beginn, zu alt weg. Sie war gerade einmal 13 Jahre alt, als ihr Sohn Henry zur Welt kam.
  • Der Graf von Warwick war nicht immer ein Feind von Elizabeth Woodville. Sie wurden erst Feinde, als die Königin ihre Familie in immer höhere Ehren hob und Warwick seine Stellung gefährdet sah.
  • Jacquetta von Luxemburg verteidigte sich bei ihrer Anklage wegen Hexerei nicht, indem sie sich auf ihre Freundschaft mit Margaret von Anjou berief. Sie wurde vom Lord Mayor of London verteidigt, und als herauskam, dass Zeugen bestochen worden waren, wurde die Anklage fallengelassen.
  • Der Tod von Heinrich VI. ist zwar nicht gänzlich geklärt, aber er starb wahrscheinlich nicht im Bett durch Erstickung, sondern durch einen Schlag auf dem Kopf, während er betete. Zudem haben wohl eher Andere den Wunsch des Königs umgesetzt, und Edward und seine Brüder haben nicht selbst Hand an den alten König gelegt.
  • Elizabeth Woodville hatte kein Neugeborenes, das zeitgleich mit ihrer Mutter Jacquetta verstarb. Zudem starb Jacquetta vermutlich nicht am Hof, sondern in Grafton Regis, wo sich das Heim der Familie Woodville befand.
  • Ob der jüngere Sohn Edwards IV. vor dem Verschwinden im Tower gerettet werden konnte, ist angesichts des ohnehin ungeklärten Schicksals der “Prinzen im Tower” natürlich genauso unklar. Hier wird jedoch die Behauptung späterer Thronprätendenten wie Perkin Warbeck, sie seien in Wahrheit der verschollene Prinz, aufgegriffen.
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Mein Fazit: Trotz Reißverschlüssen, Vereinfachungen und viel Geschichte in kurzer Zeit wartet “The White Queen” mit erstaunlich wenigen historischen Schnitzern bedeutender Natur auf. Da sich ja diese Serien immer mit den “Tudors” messen müssen: Jene haben sich bedeutend mehr Freiheiten mit den historischen Ereignissen herausgenommen.

Wer also willens ist, bei so einigen Sachen ein Auge zuzudrücken, und parallel weitere Infoquellen bemühen mag, um die vielen Namen, Familienzweige, Ereignisse und viel zuviele Richards, Edwards und Henrys auseinander halten zu lernen, dem bietet “The White Queen” einen guten Einstieg in ein spannendes Stück englischer Geschichte.

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Links:

http://history-behind-game-of-thrones.com/white-queen/white-queen-inaccuracies

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