Ich kann nicht gerade behaupten, dass ich in der Schule besonders an Geschichte interessiert war. In meiner Erinnerung bestand der Geschichtsunterricht meiner gesamten Schulzeit zu 35% aus der französischen Revolution und zu 55% aus der Zeit zwischen Bismarck und Hitler. Und zwischen zig Abkommen und Verträgen mit mehr oder minder wohlklingenden Namen habe ich den Kontakt verloren, weil ich nicht gelernt habe, was mich wirklich interessiert hat: wer waren diese Menschen, die vor so langer Zeit gelebt haben, und wie haben sie gelebt, wie haben sie gedacht? Nicht nur die, die ohnehin in den Geschichtsbüchern standen, was war mit dem normalen Volk, über die kaum jemand berichtet hat? Wie hat man zu dieser Zeit seinen Tag verbracht, wie hat man geheiratet, wie ist man gestorben?

Im Jahr vor meinem Abitur bin ich dann mit meinen Eltern nach London gefahren. Und dort hat mich dann die sprichwörtliche historische Muse geküsst, als unser Sightseeing-Bus am Tower vorbeifuhr und der Fremdenführer von der Hinrichtung Anne Boleyns erzählte. Irgendwie fand ich den Gedanken, nahe an diesem Ort zu sein, wo das Leben dieser Frau vor so vielen Jahrhunderten endete, faszinierend. Kaum zuhause, kaufte ich mein erstes Buch über die sechs Frauen Heinrichs VIII. – und so begann es.

Die Tudors wurden also meine erste Faszination und warteten bereits mit einer Menge spannender Persönlichkeiten, über Heinrich VIII., Anne Boleyn, Katharina von Aragon bis zu Elizabeth I. auf. Zudem lebten sie in einer Zeit der Umbrüche: im 16. Jahrhundert veränderte sich allein durch die Reformation ganz Europa. Um alles auch nur halbwegs verstehen zu können, lernte man automatisch auch die Geschichte der anderen Länder und Dynastien mit.

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Und warum beim 16. Jahrhundert bleiben, denn schließlich hatten die vorherigen Jahrhunderte ebenso ihre Spuren hinterlassen. Es war faszinierend, zu erkennen, wie die Dinge zusammenhingen. Es gab so viel zu wissen, so viel zu verstehen. Ich war hoffnungslos gefangen und würde nie wieder entkommen.

Ich will wahrlich nicht behaupten, in Geschichtsfragen allwissend zu sein, und ich habe, auch im Bereich europäischer Geschichte, noch immer epochenlange Lücken, über die ich kaum etwas weiss – aber gerne etwas wissen würde. Nun muss ich allerdings zugeben, dass ich nicht sonderlich erpicht davon bin, reihenweise geschichtliche Fachbücher zu wälzen. Natürlich habe ich auch solche und schlage öfters mal nach. Aber grundlegend bin ich gerne bereit, auf ein wenig Wissenschaft zu verzichten, wenn es dadurch anschaulicher und erlebbarer wird: ich bin ein großer Fan von Geschichtsdokus, Spielfilmen und Serien.

Aber klar sind auch da historische Ungenauigkeiten, sofern sie ein gewisses Maß überschreiten, ärgerlich. Ich bin zwar tolerant, was künstlerische Freiheit oder halt die Anpassung an das Medium Film angeht, aber so manches Mal, wenn es mit der historischen Wahrheit nicht so genau genommen wurde, hat mir das einen ganzen Film vermiest.

Haben die Filmemacher (oder auch Autoren historischer Romane) jedoch ihre Hausaufgaben gemacht – oder einfach kreative Begründungen für das Ignorieren historischer Wahrheiten geliefert – habe ich schon viele, viele Stunden damit zugebracht, mich in der Erweckung vergangener Zeiten zu verlieren.

In diesem Blog will ich von einigen erzählen.

 

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