Margaret Beaufort: Ein Name, der vielleicht nicht vielen etwas sagt. Doch hinter dem Namen verbirgt sich die Frau, ohne deren Abstammung und ungebrochenen Ambitionen die Dynastie der Tudorkönige nicht existiert hätte.

 

Margaret Beaufort: Das Kind, das Mutter wurde

Margaret Beaufort wurde am 31. Mai 1443 geboren. Mit einem Einkommen von 1.000 Pfund im Jahr war sie nicht nur die reichste Erbin Englands. Zudem war sie als direkte Nachfahrin (Ur-Enkelin) von John of Gaunt, Duke of Lancaster (Sohn Edwards III.), von königlichem Blut.

Als Margaret neun Jahre alt war, entschied ihr Cousin Heinrich VI., Margaret solle seinen Halbbruder Edmund Tudor, der mehr als doppelt so alt wie sie war, heiraten. Heinrich VI. war vom Wahnsinn geplagt und hatte nur einen einzigen Sohn. Die Ehe sollte also das königliche Haus Lancaster stärken und vielleicht sogar einen Thronerben hervorbringen.

Die Zeiten waren schwierig, und der König ignorierte hierbei, dass weder die Beauforts noch die Tudors in den Augen vieler in die königliche Thronfolge gehörten. Die Beauforts stammten von einem unehelichen Sohn John of Gaunts ab, der erst legitimiert wurde, als seine Eltern doch schließlich heirateten. Allerdings verfügte Heinrich IV. zu seiner Zeit, dass die Beaufort-Linie zwar legitim, aber ohne Anspruch auf den Thron sei. Edmund Tudor wiederum war der Sohn des Höflings Owen Tudor, der nach dem Tod Heinrich V. dessen Witwe Katharina von Valois heiratete. Ob die Ehe bei Edmunds Geburt schon geschlossen war, ist ungeklärt.

Als Margaret Beaufort 12 Jahre alt war (zu jener Zeit das Alter, von dem man meinte, von nun an sei ein Mädchen reif genug für ehelichen Verkehr), zog sie zu Edmund nach Wales, um mit ihm zu leben. Kurz vor ihrem 13. Geburtstag wurde sie schwanger. Doch nur sechs Monate später starb Edmund an der Pest. Die Rosenkriege waren ausgebrochen, und Wales war umkämpft. Die hochschwangere Margaret wurde von ihrem Schwager Jasper Tudor nach Pembroke Castle in Sicherheit gebracht, wo sie ihr Kind zur Welt bringen sollte.

Am 28. Januar 1457 brachte das junge Mädchen einen Sohn zur Welt, der auf den Namen Henry getauft wurde. Dies alles war nicht weniger als ein Wunder: Es war mitten im Winter, die Pest ging um, und die lebenslang zart gebaute Margaret hatte noch längst nicht den Körper einer erwachsenen Frau. Doch sowohl Mutter als auch Kind überlebten die schwierige Geburt. Margaret trug vermutlich jedoch unbemerkten Schaden davon, denn trotz zweier weiterer Ehen sollte sie nie wieder ein Kind empfangen. Vielleicht lag in dieser traumatischen Geburt das enge Verhältnis, das Margaret Beaufort zu ihrem Sohn entwickelte, begründet.

Zweite Ehe und wandlungsreiche Zeiten

Doch bereits Anfang 1458 wurde die nun 14-jährige Margaret Beaufort erneut verheiratet, zog zu ihrem Ehemann Henry Stafford nach Lincolnshire und musste ihren Sohn bei Jasper Tudor zurücklassen. War Edmund Tudor mit 24 bereits wesentlich älter als Margaret gewesen – Henry Stafford war bereits Anfang 30. Dennoch zeigen erhaltenen Briefe, dass die Eheleute glücklich miteinander waren.

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König Edward IV.

1461 wendete sich das Glück des Hauses Lancaster. Der Lancasterkönig Heinrich VI. wurde von Edward von York gestürzt, der als Edward IV. den Thron bestieg. Jasper Tudor floh ins Exil, und Pembroke Castle sowie die Vormundschaft über den Lancaster-Erben Henry wurden vom neuen König an seinen Getreuen William Herbert verliehen. Henry hatte einen zu großen Anspruch auf den Thron und konnte zu leicht zu einer Gallionsfigur für einen weiteren Lancaster-Aufstand werden als dass Edward seine Erziehung in den Händen der Lancasters – wie z.B. in den Händen von Margaret Beaufort – belassen hätte.

Das Haus York hatte allerdings auch genug interne Probleme. 1469 kam es zum Bruch zwischen Edward IV., seinem engsten Berater Richard Neville, Earl of Warwick (genannt “Der Königsmacher”) und George, Herzog von Clarence, Edwards Bruder. Warwick und Clarence verbündeten sich mit Margaret von Anjou, der Königin Heinrichs VI.. Gemeinsam gelang es ihnen, das Haus York zu schlagen, und Edward musste ins Exil fliehen. Der geistig meist umnachtete Heinrich VI. wurde aus dem Tower befreit und wieder auf den Thron gesetzt. Jasper Tudor kehrte seinerseits aus dem Exil zurück und brachte den jungen Henry Tudor an den Hof. Henry war, nach dem einzigen Sohn des Königs, der nächste Thronerbe aus dem Haus Lancaster. Seine Mutter muss sich in dieser Zeit eine rosige Zukunft vorgestellt haben.

Das Ende der Lancasters

Der junge Heinrich VII., Sohn von Margaret BeaufortDoch bereits 1471 fiel Edward IV. zusammen mit einer burgundischen Armee erneut in England ein und schlug sowohl die Truppen Warwicks als auch jene von Margaret von Anjou in zwei Schlachten vernichtend. Margarets Beauforts Ehemann Henry Stafford wurde in der Schlacht verwundet und starb bald darauf. Warwick fiel, der Sohn des Königs Heinrich VI. fiel, und nach Edwards Einzug in London starb auch Heinrich VI. auf mysteriöse Weise im Tower. Die direkte Lancaster-Linie war damit ausgelöscht, und Henry Tudor war der nächste Thronanwärter der Lancasters auf den Thron. Kein Wunder also, dass Jasper Tudor, als er erneut ins Exil ging, Henry mit sich nahm. Sie gingen in die Bretagne, wo sie die nächsten 14 Jahre verbringen mussten. In dieser Zeit konnte Margaret ihrem Sohn lediglich Briefe schreiben.

Margaret Beaufort muss sich zu jener Zeit gefragt haben, ob das Haus York nun bis in alle Ewigkeiten herrschen würde und sie alle Hoffnungen für ihr Haus und ihren Sohn begraben müsse. Doch wenn Margaret Beauforts Leben eins nicht war, dann berechenbar.

 

Die Sonne von York geht unter

1472 heiratete sie, vermutlich aus rein strategischen Gründen, Thomas Stanley, Lord High Constable von England. Er ermöglichte ihr die Rückkehr an den Hof, wo sie der Königin Elizabeth Woodville diente und sogar Patin für eine ihrer Töchter wurde.

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Auch, nachdem nach dem Tod Edwards IV. dessen Bruder Richard III. den Thron an sich nahm, blieb sie am Hof – ein Ereignis, das ihren Ambitionen Tür und Tor öffnete. Die Herrschaft Edwards IV. war stabil gewesen, und er hatte gleich zwei Söhne, die ihm auf den Thron folgen konnten. Doch nun überschlugen sich die Ereignisse. Richard III. ergriff die Herrschaft mit der Begründung, die Ehe seines Bruders sei unrechtmäßig gewesen und seine Söhne seien daher nicht erbberechtigte Bastarde. Besagte Söhne verschwanden im Tower mit bis heute ungeklärtem Schicksal. Die Gerüchteküche nannte jedoch Richard als Mörder, und der Widerstand gegen ihn wuchs.

Der Weg nach Bosworth

Nun entstand eine ungewöhnliche Allianz zweier ehrgeiziger Frauen: Margaret Beaufort und Elizabeth Woodville. Elizabeth war mit ihren Kindern ins Kirchenasyl geflohen, als Richard ihren ältesten Sohn in seine Gewalt brachte. Im Spätsommer 1483 wurde dem Leibarzt der Königin Zutritt zum schwerbewachten Asyl der Westminster Abbey gestattet. Er trug heimlich einen Vorschlag von Margaret Beaufort an Elizabeth Woodville mit sich, der die Geschichte Englands für immer ändern sollte: Henry Tudor, inzwischen 26, sollte Elizabeth, die älteste Tochter Edwards IV. und York-Thronerbin, heiraten. Diese Aussicht sollte sowohl Kräfte der Yorks als auch der Lancasters im Kampf gegen den Usurpator Richard III. einen. Elizabeth Woodville, die davon ausgehen musste, dass ihre Söhne tot waren, stimmte zu.

Als sich der Herzog von Buckingham der Verschwörung anschloss, bekam sie den Namen “Buckingham-Rebellion”. Buckingham, ein Verwandter Margarets, war zwar nicht der führende, aber doch der prominenteste Kopf der Verschwörung. Und als Richard von dem Komplott erfuhr, zahlte Buckingham mit seinem Kopf. Margaret Beaufort wurde durch den Einfluss ihres Ehemannes vor dem Henkersbeil gerettet, verlor jedoch ihren gesamten Grundbesitz, den Richard auf ihren Ehemann übertrug.

Die vergessenen Tudors: Margaret Beaufort, Teil 2Doch auch dieser Rückschlag brach Margarets Ehrgeiz nicht, und die Rebellion gegen Richard wurde im Geheimen fortgeführt. Margaret Beaufort hatte die Ambitionen für ihren Sohn jahrelang gepflegt, und nun war die Zeit für den inzwischen 28-jährigen Henry gekommen. Am 7. August 1485 war es soweit, und Henry mitsamt Armee betrat, ganz in der Nähe seines Geburtstortes Pembroke Castle, nach langer Zeit wieder englischen Boden. Seine Mutter überzeugte ihren Ehemann buchstäblich in letzter Sekunde, seine Armee mit der ihres Sohns zu vereinen. Bei Bosworth Field trafen Henry und Richard am 22. August aufeinander, und Richard zahlte mit seinem Leben. Es war Thomas Stanley, der seinem Stiefsohn Richards verlorene Krone darbot. Henry war nun König, der Moment, den seine Mutter so lange herbei gesehnt hatte.

Zwei Monate später wurde Henry als Heinrich VII. gekrönt. Und Anfang 1486 nahm er, wie vereinbart, Elizabeth von York zur Frau. Mit dieser Ehe entstand das Emblem der Tudorrose, die die weiße Rose von York und die rote Rose von Lancaster vereinte. Und pünktlich im September des gleichen Jahres wurde diese Vereinigung zu Fleisch und Blut, als Arthur, das erste Kind des Paares, geboren wurde.

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Margaret Beaufort als Königsmutter

Margaret Beaufort sah sich nun am Ziel und gedachte, ihre Position als Mutter des Königs auszukosten. Bereits kurz nach der Taufe ihres ersten gemeinsamen Enkels wurde Elizabeth Woodville all ihrer Ländereien enthoben, vom Hof verbannt und in ein Kloster gesteckt. Warum das? Vermutlich spielte dies zumindest eine Rolle: Margaret Beaufort hatte den Titel “My Lady, the King’s Mother” zugesprochen bekommen. Doch sie war ja nie zur Königin gekrönt worden. Sie tat sich bereits schwer damit, ihrer Schwiegertochter und jetzigen Königin den Vorrang zu geben. Margaret trug die gleichen Roben wie die Königin, ging nur einen halben Schritt hinter ihr und unterzeichnete mit “Margaret R” (die Signatur von Königinnen). Elizabeth Woodville jedoch war zur Königin gekrönt worden, was ihr ebenfalls eine höhere Stellung gegeben hätte. Nach all dem Kämpfen um die Position ihres Sohns (und ihrer eigenen) kann Margaret Beaufort nicht damit zufrieden gewesen sein, sich immer noch hinter Elizabeth Woodville einzuordnen. Elizabeth musste also gehen.

Heinrich VII., 1505Dieses Verhalten der Königsmutter hat sicher nicht dazu beigetragen, erhitzte Gemüter der York-Seite des Landes zu beruhigen, und immer wieder kam es während der Regentschaft von Heinrich VII. zu versuchten Revolten und wundersam wiederauferstandenen York-Prinzen, die man auf den Thron setzen wollte.

Margaret Beaufort zog sich – vermutlich zur Erleichterung vieler – 1488 aus dem politischen Leben zurück. Sie behielt jedoch ihren festen Griff über die königliche Familie bei und bestimmte beispielsweise die Einrichtung, Ausstattung und Organisation der königlichen Kinderstuben bis ins Detail. Auch Religion war schon immer sehr wichtig für Margaret gewesen. 1499 legte sie sogar, obwohl immer noch verheiratet, mit Zustimmung ihres Mannes ein Keuschheitsgelübde ab. Sie war allerdings auch bereits 56 Jahre alt.

Mit der Gesundheit Heinrichs VII. ging es berab, nachdem seine geliebte Königin Elizabeth von York 1503 im Kindbett starb und ihr gemeinsamer Sohn Arthur bereits im Jahr zuvor gestorben war. Margaret überlebte ihren Sohn, der am 21. April 1509 im Alter von 52 Jahren starb. Ein schreckliches Erlebnis für jede Mutter. Doch anstatt in Trauer zu versinken, organisierte Margaret nicht nur die Beisetzung ihres Sohns, sondern auch die Krönung ihres Enkels, der nun als Heinrich VIII. regieren sollte. Ihr Enkel war 17 Jahre alt, der schönste Prinz Europas, gebildet, sportlich und lebenslustig, und sicher würde er lange regieren, viele Söhne zeugen und die Dynastie der Tudors, für die Margaret Beaufort so lange gekämpft hatte, sichern. Oh, well…

Als hätte sie ihre Lebensaufgabe nun erfüllt, starb Margaret Beaufort am 29. Juni 1509, einen Tag nach dem 18. Geburtstags ihres Enkels und nur zwei Monate nach dem Tod ihres geliebten Sohns.

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